Aus Pakistan, aber den Islam hier kennengelernt

Ich bin Rateb, komme aus Pakistan und bin zum Studieren nach Deutschland gekommen. Ich studiere Flugzeugbau an der TU Leipzig und bin mittlerweile seit 6 Jahren in Deutschland. 

Als ich in Deutschland ankam, fiel es mir schwer, Anschluss zu finden. Um Freunde kennenzulernen, ging ich öfters in die pakistanische Moschee. Zu dem Zeitpunkt praktizierte ich Religion zwar nicht aktiv, aber die Moschee gab mir ein Gefühl von Heimat, was mir manchmal in Deutschland fehlte. Ich stellte fest, dass meine muslimischen Freunde eine viel engere, spirituelle Beziehung zu ihrer Religion hatten als ich - für mich war Religion einfach ein Stück Tradition, mit dem ich groß geworden bin.

In Deutschland lernte ich dann, dass es innerhalb der muslimischen Gemeinschaft verschiedene Strömungen gibt, die eigentlich alle gut miteinander klarkommen. Egal ob eine Person aus Afghanistan, Pakistan, Türkei oder sogar Deutschland kommt: Im Großen und Ganzen haben alle dasselbe Verständnis vom Islam und unterscheiden sich nur in kleineren Fragen und Details. In Pakistan, meinem Heimatland, habe ich Religion als eher homogen empfunden, die von allen gleich praktiziert wurde, doch mir gefällt der multikulturelle Aspekt innerhalb derselben Glaubensgemeinschaft.

Natürlich musste ich mir an der Uni die Sprüche und Scherze anhören, die mein Aussehen und Hintergrund zwangsläufig mit sich bringen. Fragen wie “Bist du der neue Mohammad Atta?” und “Nimmst du auch schon Flugstunden?” lernte ich schnell zu ignorieren und dabei freundlich zu lächeln. Ich stellte einfach auf Durchzug, wenn es mal wieder so weit war.

Mittlerweile spreche ich sehr gut Deutsch und habe mich hier eingelebt. In meiner Freizeit engagiere ich mich in verschiedenen, lokalen Projekten. Viele davon drehen sich um den Tierschutz. Vorher war mir nicht bewusst, wie wichtig der Tierschutz auch im Islam ist, doch der Prophet wurde mal gefragt: “O Gesandter Gottes, gibt es einen Lohn dafür, wenn man gut zu Tieren ist?”. Seine Antwort darauf war: “Es gibt einen Lohn für jedes lebendige Wesen, dem Gutes getan wird.” Das bestärkte mich und gab mir nochmal mehr Motivation für diese ehrenamtlichen Projekte.

Bald möchte auf jeden Fall eine Familie gründen. Ich denke oft darüber nach, ob ich dafür in Deutschland bleiben möchte oder nicht. Die Ablehnung, die ich teilweise im Alltag zu spüren bekomme, möchte ich meinen Kindern nicht sehenden Auges antun. Andererseits bin ich unglaublich dankbar für die deutsche Organisation, Infrastruktur und Disziplin. Wenn ich mir das politische System aus einem religiösen Blickwinkel anschaue, dann ist das deutsche System eigentlich viel islamischer als die Systeme in sogenannten “muslimischen” Ländern. Dort herrschen Korruption und Unordnung, was der Lehre des Islams nicht entspricht.