"Der Islam unterdrückt doch Frauen"

Vom Propheten Muhammad weiß ich, dass “kein Vater und keine Mutter seinem Kind etwas Besseres vererben kann, als eine gute Erziehung”. Genau das habe ich mir zu Herzen genommen, als ich mich dazu entschied, Kindergärtnerin zu werden. Ich bin Luisa, 35 Jahre alt, glücklich verheiratet und davon überzeugt, dass Kinder der Schlüssel für unsere Zukunft sind: Sie werden unsere Kultur prägen, den Wohlstand aller sichern und Innovationen vorantreiben.

Auch möchte ich meinen Beitrag für unsere Zukunft leisten und unterstütze deshalb Eltern darin, ihren Kindern den bestmöglichen Start in ihr Leben zu geben. So erhalten die Kinder von Beginn an alle Fähigkeiten und Kompetenzen, um später bestmöglich ihren Beitrag für das Gemeinwohl leisten.

Das Kindergartenalter ist eine sehr prägende Zeit. Kinder nehmen alles auf, was um sie herum passiert und gesagt wird. Sie knüpfen erste soziale Kontakte und erleben ein Gefühl von Gemeinschaft außerhalb der Familie. Sie verarbeiten Erlebnisse auf ihre eigene Art und Weise und nehmen ihre Erfahrungen - ob positiv oder negativ - mit in ihr jugendliches Leben.

Nach meiner erfolgreich abgeschlossenen Ausbildung habe ich einige Jahre in verschiedenen Kindergärten gearbeitet und dann gemerkt, dass ich meinen eigenen Kindergarten eröffnen möchte, um meine Berufung vollkommen ausleben zu können. Ich wollte einen Kindergarten eröffnen, der Wert auf eine ganzheitliche, bewusste Kindererziehung legt. Mit der Unterstützung meines Mannes habe ich mir diesen Traum erfüllt und kann seitdem jeden Tag das tun, was ich liebe. 

Mir ist wichtig, dass sowohl Kinder als auch Erwachsene ein rundum glückliches und zufriedenes Leben führen können. Das ist für mich der Sinn des Lebens: Sowohl im Hier und Jetzt als auch später im Jenseits glücklich und zufrieden zu sein. Diesen Sinn habe ich in jungen Jahren für mich persönlich im Islam gefunden. Daraufhin habe ich mich mit 21 Jahren dazu entschieden, zum Islam zu konvertieren. Seitdem versuche ich, die religiösen Rituale in meinen Alltag zu integrieren: Ich bete fünfmal am Tag und faste an Ramadan.

Meine Entscheidung, zum Islam zu konvertieren, wurde in meinem Freundeskreis kritisch beäugt. Ich hörte Kommentare wie „Aber der Islam unterdrückt doch Frauen“ und „Dort schlagen doch alle Männer ihre Frauen“ und erlebte am eigenen Leib die Vorurteile, die dem Islam gegenüber immer noch vorherrschen. Doch ich stehe zu meiner Entscheidung und konnte im Islam viele Antworten auf meine Lebensfragen finden. 

Dass meine Entscheidung richtig war, hat sich durch meine Pilgerreise nach Mekka bestärkt, die ich mit meinen Freunden aus der Moschee in meiner Nachbarschaft vor einigen Jahren vollzogen habe. Die Reise zeigte mir nochmal genau, was die Essenz des Islams ist: Alle Menschen sind vor Gott gleich, egal welche Hautfarbe sie haben, wie viel Geld sie verdienen und welche Herkunft sie haben. Auf der Pilgerreise begegnen sich Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Weiß, schwarz, europäisch, asiatisch, mit Behinderung, jung und alt. Meine ideale Gesellschaft stelle ich mir genauso vor: Bunt!

Ich möchte diese Vision der Gesellschaft prägen und sicherstellen, dass sie jeden Tag ein Stückchen bunter wird. Deswegen arbeite ich nicht nur mit Eltern, sondern auch mit den lokalen Moscheen und Kirchengemeinden zusammen. Wir können so viel von anderen Kulturen, Religionen und Ländern lernen und so gemeinsam in eine bessere Zukunft schreiten: Eine bunte, diverse und weltoffene Zukunft.